Böden sind komplexe Systeme, in denen eine Vielzahl physikalischer, chemischer und biologischer Prozesse auf verschiedenen räumlichen Ebenen interagieren. Aus diesen Wechselwirkungen resultieren die verschiedenen Bodenfunktionen. Modelle zur Beschreibung der Dynamik von Bodenfunktionen als Reaktion auf Bewirtschaftungsmaßnahmen oder klimatische Veränderungen müssen die relevanten Bodenprozesse und ihre Wechselwirkungen abbilden.
Dieser Modellansatz stellt in mehrfacher Hinsicht ein wertvolles Werkzeug dar:
Er erlaubt die Vorhersage der Auswirkungen von Bewirtschaftungsmaßnahmen auf Bodenfunktionen.
Der aktuelle Forschungsbedarf zur Verbesserung unseres Systemverständnisses kann besser identifiziert werden.
Die Relevanz von einzelnen Prozessen für das Gesamtsystem kann beurteilt werden.
BODIUM soll die komplexen Zusammenhänge zwischen Bodeneigenschaften, Klimabedingungen, Bodenmanagement sowie deren Wechselwirkungen im Boden simulieren. Das Konzept und der Anspruch von BODIUM ist die Abbildung des Bodens als Gesamtsystem mit allen relevanten physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen und ihren Zusammenhängen. Auf dieser Grundlage soll es möglich sein die Änderungen von Bodenfunktionen in Reaktion auf sich ändernde Randbedingungen (Bewirtschaftung und Klima) vorhersagen zu können. Das BODIUM Modell baut dabei auf bewährte Modellkonzepte für Pflanzenwachstum sowie Wasser- und Stoffflüsse in Böden auf und ergänzt diese durch zusätzliche Aspekte, die für Bodenfunktionen wesentlich sind aber bis jetzt noch kaum berücksichtigt wurden. Ein Beispiel ist die zeitliche Dynamik der Bodenstruktur aufgrund von Bodenbearbeitung oder biologischer Aktivität, die für den Wasserhaushalt, den Kohlenstoffhaushalt und das Wurzelwachstum von entscheidender Bedeutung sind. Ein anderes Beispiel ist die Unterscheidung verschiedener Gruppen von Bodenorganismen, ihre spezifischen Ansprüche an die Nahrungsqualität und ihr Einfluss auf Umsatzprozesse, Strukturbildung und die Durchmischung in Böden.
Das BODIUM Modell läuft ohne aufwendige Kalibrierung der einzelnen Modellparameter für den jeweiligen Standort. Die Parametrisierung der Bodenprozesse ergibt sich aus unserem aktuellen sytemischen Prozessverständnis. Damit ist das Modell für verschiedene Standorte anwendbar und kann auch Bewirtschaftungs- oder Klimaszenarien simulieren, für die es noch wenig oder keine empirischen Daten gibt. Die Diskrepanz zwischen gemessenen und modellierten Größen (z.B. Erträge, Nmin-Werte, Wassergehalte) werden nicht durch Kalibrierung minimiert, sondern lassen auf fehlende oder ungenügend modellierte Prozesse schließen und helfen so, das Modell schrittweise zu verbessern. Vorrangiges Ziel von BODIUM ist nicht die möglichst genaue Vorhersage der kommenden Ernte, was durch Kalibrierung anhand aktueller Zustandsgrößen erreicht werden könnte, sondern die Vorhersage der mittel- bis langfristigen Änderungen von Bodenfunktionen, was nur durch ein prozessbasiertes Modell erreicht werden kann.
Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, müssen wir die Prozesse im Boden zunächst gut genug kennen – denn was wir nicht verstehen, können wir auch nicht in Programmcode übersetzen. Dafür nutzen wir neue Erkenntnisse aus den BonaRes-Verbundprojekten.
Auf dieser wissenschaftlichen Grundlage können wir bekannte Modellansätze und Prozessbeschreibungen verbessern und erweitern. So konnten wir beispielsweise den Einfluss der Bodenbearbeitung auf die Porenstruktur und die darauffolgende Setzung des Bodens als „dynamische Bodenstruktur“ in das BODIUM Modell integrieren. Neben dem Einfluss der Bewirtschaftung auf die Bodenporen können somit auch die verschiedenen von der Porenstruktur abhängenden Prozesse abgebildet werden. Auch die Beschreibung komplizierter biologischer Prozesse wird mit dem BODIUM verbessert. Dazu gehört unter anderem, wie mikrobielle Gemeinschaften den Nährstoffkreislauf im Boden steuern. Mittels neuer Methoden, zum Beispiel aus der Mikrobiologie, wächst das Prozesswissen hierzu kontinuierlich und wird von uns im BODIUM integriert. Das Modell kann so stetig an den wissenschaftlichen Fortschritt angepasst und verbessert werden.
Eine kritische Frage ist: Woher wissen wir, dass das Modell belastbare Ergebnisse liefert? Diese Ergebnisse basieren auf der mathematischen Beschreibung von vielen physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen und die dabei verwendeten Parameter können zum Teil nur sehr schwer direkt gemessen werden oder sind nur über stark vereinfachte Laborexperimente zugänglich. Um trotzdem die Qualität der Modellvorhersagen beurteilen zu können, greifen wir auf die vorhandenen Daten aus Langzeitversuchen zurück. Hier sind die wesentlichen Randbedingungen der Bodenbewirtschaftung und des Klimas und Wetters im Detail bekannt und wichtige Zustandsgrößen wie Nährstoffgehalte, Kohlenstoffvorräte oder Erntemengen werden kontinuierlich gemessen. Diese Zustandsgrößen sind letztlich das Resultat der im Modell abgebildeten Prozesse und ihrer Wechselwirkungen. Die Belastbarkeit der Ergebnisse und die Plausibilität der Modellannahmen ergibt sich dann daraus, wie gut die Dynamik dieser Zustandsgrößen vom Modell (ohne Kalibrierung) abgebildet wird.
Das BODIUM Modell simuliert physikalische, chemische und biologische Bodenprozesse nach aktuellem Stand des Wissens. Es berücksichtigt dabei die lokalen Bodeneigenschaften und Standortsbedingungen. Damit lassen sich Änderungen der Bodenfunktionen in Abhängig von Klima und Bodennutzung vorhersagen. Der Quellcode der ersten Version ist frei verfügbar.
BODIUM4Farmers basiert auf dem systemischen Bodenmodell BODIUM.
Das kostenfreie Modellwerkzeug mit einer intuitiven Nutzeroberfläche soll Betriebe dabei unterstützen, ihre langfristige Betriebsausrichtung mit guten Erträgen und gesunden Böden in Einklang zu bringen.
Sara König (UFZ)
sara.koenig@ufz.de
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Ulrich Weller (UFZ)
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